Seit dem 1. Juli 2016 ist in der Schweiz das neue, verschärfte Korruptionsstrafrecht in Kraft. Neu werden die Grenzen enger gezogen, wenn es beispielsweise um die Annahme von Geschenken oder auch um Einladungen zu Kundenevents geht. Die Auswirkungen der neuen Gesetzgebung auf die Eventwelt waren Thema eines Medien-Roundtables, welcher vergangene Woche im Rahmen der KonferenzArena stattfand.
Eine spannende Auseinandersetzung boten dabei der Aroser Tourismusdirektor Pascal Jenny, der Swisscom Group Compliance Verantwortliche Mate Soso und Dominik Leonhardt von MICExperts (Kuoni Reisen). Im Vordergrund stand die veränderte Situation für Sponsoren und Veranstalter, wenn sie Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Sport zu "ihren" Events einladen wollen.
Pascal Jenny machte deutlich, dass sich die Situation grundlegend verändert hat. Bei Events, wie zum Beispiel dem Humorfestival, sei man dazu übergegangen, mit der Einladung klare Gründe zu formulieren, wieso man jemanden einlade. Weiter werde neu auch die Option angeboten, dass geladene Gäste nur das Ticket beziehen und die Übernachtung selbst bezahlen können. Damit sei die Möglichkeit geschaffen, dass von den Compliance-Regeln abhängige Wertegrenzen eingehalten werden können. Diese liegen bei der Swisscom bei einem Gegenwert von CHF 100.-, erklärte Mate Soso und verwies auf eine sehr restriktive Regelung innerhalb des Kommunikationskonzerns wenn es um die Annahme von Einladungen geht.
Grundsätzlich müssten die jeweils Vorgesetzten entscheiden, ob eine Einladung dem Unternehmen zu Gute kommt und in Einzelfällen übernehme die Swisscom dann selbst die Kosten zum Beispiel für Anreise und Übernachtung. Einig waren sich alle mit Dominik Leonhardt, dass sich die Einladungskultur sehr gewandelt habe. Er sei froh, dass es die Compliance-Regeln gebe, denn sie hätten dazu geführt, dass dem Eingeladenen über emotionale und kreative Elemente ein Mehrwert geboten werde, der dem Unternehmen, das er vertritt, auch tatsächlich nützt. Dabei gehe es immer mehr nicht um den Frankenwert, sondern darum, eine nachhaltige Kundenbindung herzustellen und spannende Möglichkeiten fürs Networking anzubieten.
Eventlokale.ch hat sich in Anschluss an die Podiumsdiskussion mit Pascal Jenny, Tourismusdirektor von Arosa unterhalten und wollte von ihm wissen, wie seine Destination mit dem neuen Regelwerk im Alltag umgeht. Hier seine Antworten:
Pascal Jenny, welche Auswirkungen hat die neue «Korruptions-Gesetzgebung» für euch als Tourismus- und MICE Destination?
Grundsätzlich werden wir öfter von Sponsoren mit Blick auf den effektiven Wert der Einladungen (z.B. am Arosa Humor-Festival) angesprochen. Einige Personen möchten an Kundenevents die Tickets oder die Anreise selber bezahlen. Die Anpassung lodert aber mit Blick auf unsere Themen aktuell noch auf kleinem Feuer.
Welche Art von Kundengeschenken/Eventeinladungen ist mit dem neuen Gesetz noch möglich und wo wird es heikel?
Es gilt (nach wie vor), den gesunden Menschenverstand walten zu lassen. Ein Geschenk oder eine Einladung sollte immer mit einer Emotion und einer „reason why“ für die eigene Unternehmung und Position verbunden sein. Wenn man sich diesen zwei Punkten „verschreibt“, sind Einladungen und Geschenke auch weiterhin möglich.
Wie geht ihr als Arosa Tourismus mit dieser neuen Ausgangslage um?
Wir versuchen unsere Sponsoren von Events, welche Kundeneinladungen aussprechen, bestmöglich zu unterstützen. Z.B. geben wir auf Wunsch vom Sponsor oder der eingeladenen Person unsere Übernachtungspreise weiter, damit diese vom Gast auch selber bezahlt werden können.
Wenn Kunden eine Einladung oder Übernachtung in Arosa nicht mehr annehmen dürfen, wirkt sich dies auf eure Wertschöpfung aus. Was tut ihr als Destination, um einen möglichen Umsatzrückgang bei Übernachtungen und in der Gastronomie abzufedern?
Wenn sich der Kunde weiterhin dazu entscheidet, nach Arosa zu kommen, dann tut dies der Wertschöpfung keinen Abbruch. Sofern er z.B. auf Geheiss seiner Firma die Übernachtung selber bezahlt. Ich denke aber, dass es schon Firmen und potentielle Kunden gibt, die aufgrund der neuen Thematik die (interne) Bürokratie scheuen und dann Einladungen nicht annehmen, resp. eben dann nicht nach Arosa kommen. Bis jetzt haben wir in Arosa mit neuen Kunden und Einladungen solche Absagen kompensieren können. Aber es ist durchaus denkbar, dass mittelfristig die Wertschöpfung von Events leicht zurück gehen kann.
Momentan ist bei vielen Firmen noch eine gewisse Unsicherheit da, was die praktische Umsetzung des neuen Gesetzes anbelangt. Was ist deine Hoffnung und was sind deine Befürchtungen, wenn es um die praktische Handhabung von unternehmensinternen Compliance Regeln geht?
Wenn ich höre, dass Mitarbeiter bei gewissen Firmen von ihrem Chef die Einwilligung brauchen, um Einladungen anzunehmen und dann auch noch akribisch kontrolliert werden, ob diese Einladung auch tatsächlich ein Wirkung hat oder gar den strategischen Zielen der Firma dient, dann habe ich die Befürchtung, dass der Schweiz einer der grössten Errungenschaften - das „kollektive Schweizer Netzwerk“ - verloren geht. Dieses ist mitverantwortlich für unseren heutigen Wohlstand und hat nichts mit einer übertriebenen Geschenkkultur zu tun. Meine Hoffnung ist, dass genau diese „sinnvollen Netzwerk-Einladungen und Geschenke“ auch weiterhin zum Alltag gehören und nur die – in der Tat – übertriebenen Spinner-Einladungen (wie z.B. eine Woche Kreuzfahrt oder ähnliches) verschwinden.
Zum Schluss noch die Gelegenheit zu Werbung in eigener Sache: Warum sollte ein Unternehmen auch zukünftig Kundenevents und Networking Anlässe veranstalten und warum sollte das Unternehmen dafür ausgerechnet nach Arosa kommen?
Wetter-Aktuell müsste ich folgendes Beispiel bringen: Um effizient und erfolgreich zu arbeiten, muss man auch Dinge für das Gemüt tun. Von anderen an sogenannten Networking Events inspiriert werden. Dies sinnvollerweise in positiv geprägter Umgebung. Wenn ich Unternehmer in Zürich wäre, würde ich wohl meine Mitarbeiter wöchentlich einen Tag in die Berge nach Arosa an die Sonne schicken und ihnen eine Tageskarte für den Berg schenken. Der Effekt für diese rund 100 CHF (für Zug und Bergbahn) wäre wohl mindestens das 10-fache an Arbeitseffizienz und Motivation. Langer Rede, kurzer Sinn ein Abstecher nach Arosa Lenzerheide ist wohl effektiver als 1 Woche Ferien in einem Wellness-Tempel in einer Stadt im nebligen Unterland…
Pascal Jenny, herzlichen Dank für das Gespräch.
Pascal Jenny ist seit 9 Jahren Tourismusdirektor in Arosa, Eventspezialist, Präsident der Tourismus-Partei.CH und lebt getreu dem Motto von seinem Ur-Ur-Grossvater (erster Kurdirektor in Arosa und Mitinitiant der Chur Arosa Bahn), welcher Innovation und Entwicklung als willkommenen, täglichen Begleiter sah.)
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